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Geschrieben von fido am 02.12.2007 um 09:40:

  Frage zum Aufbau eines Kardangelenks

Hallo Modellbauer

Vor kurzem ist mir das Kardangelenk in meinem Ratschensatz aufgefallen.
Und beim Stöbern hier im Forum habe ich entdeckt, dass an diesem Fendt genau solche Gelenke in der Vorderachse verbaut sind:
Fendt 926



Zur eigentlichen Frage:
bei diesen Gelenken liegen die beiden Achsen (Stifte) neben einander, also versetzt.
So wie ich Kardans bisher kannte, lagen die Achsen immer ineinander. Also der eine Stift geht durch den anderen hindurch.

Für den Eigenbau wäre so Gelenk mit Versatz ja etwas einfacher zu bauen...
Was sind die Nachteile? (Ausser die Baulänge)
Wo liegt der Drehpunkt im Gelenk mit Versatz?
Beim "normalen" Gelenk ist es klar, da beide Achsen in der selben Ebene liegen.

Hoffe es versteht einer was ich meine... verwirrt

Gruss
David



Geschrieben von Matze am 02.12.2007 um 12:08:

 

Hy David,

ich denke für solch eine Frage ist Werner der Spezialist und kann Dir am schnellsten weiterhelfen...

Gruß

Matze



Geschrieben von Werner S am 02.12.2007 um 15:19:

 

Ok, David und Matze, ihr habt es nicht anders wollen, das gibt wieder einen Roman: Zunge raus

Diese Art von Kreuzgelenken, auch Kardan- oder Hooks- Gelenke genannt, sind , wie schon festgestellt, in Ratschenkästen zu finden. Der Versatz der Bolzen ist nur aus Stabilitätsgründen, schliesslich werden hier nur sehr hohe Drehmomente übertragen und nur geringe Drehzahlen. Ausserdem ist es wesentlich leichter herstellbar, weil die Bolzen sich nicht kreuzen. Der gedachte Drehpunkt liegt logischerweise in der Mitte zwischen den beiden Bolzen. Dieses Gelenk ist aber für Modellantriebe grundsätzlich ungeeignet, weil sich die Abtriebshälfte nicht nur radial, sondern auch axial bewegt und "eiert". Teufel Soweit die Antwort auf deine Frage.

Leider gibt es weitere Nachteile dieses Bauteils . Sie sind auch bei einem "normalen" Kreuzgelenk vorhanden, wenn der Beugewinkel über 15° ist. Da ja alle Allradfahrzeuge und knickgelenkte Baumaschinen wesentlich grössere Lenkwinkel vorweisen, kommt es zu immer grösseren Spannungen im Kreuzgelenk , je höher der Beugewinkel ist. Beispielsweise ist bei 15° das Verhältnis zwischen eingeleiteter Drehbewegung und ausgeleiteter Drehbewegung etwa 1: 1,04, bei 30° ist das Verhältnis schon 1: 4 und bei 60° ist eine Drehung überhaupt nicht mehr möglich. Bildlich kann man sich das so vorstellen, dass jede einzelene Ausgangsumdrehung zuerst langsamer wird als die Eingangsumdrehung und dann wieder schneller, schliesslich muss nach einer 360° Drehung wieder die Ausgangslage errreicht werden. Abhilfe schafft ein zweites Kreuzgelenk, das zum Ersten genau spiegelbildlich angeordnet ist. Man spricht dann von einer Gelenkwelle. Beide Kardangelenke einer Gelenkwelle sollten möglichst denselben Beugewinkel haben, es gibt Anordnungen in Z- Form (z. B. Getriebe- Hinterachse) oder W- Form (Vorderachsantrieb). Jetzt wird so Manche(r) sagen, eine solche W- Gelenkwelle hat in einem Achsschenkel garnicht Platz und "vergessen" einfach das zweite Gelenk. Die Folge ist eine enorme Belastung aller im Antriebsstrang befindlichen Bauteile, die nur deswegen nicht zerstört werden, weil sie entweder grössenmässig überdimensioniert sind oder selten betrieben werden. Auch der Schlupf der Reifen spielt eine grosse Rolle. Wenn die Räder im Gelände leicht durchdrehen können oder das Model relativ leicht ist (Trial. Fahrzeuge).Dann braucht dieses Thema nicht so genau genommen werden.
Ein Fahrzeughersteller könnte sich so etwas nie leisten, deshalb gibt es dort ein Bauteil, das sich "Doppelkreuzgelenk" nennt. Das ist im Prinzip eine komplette Gelenkwelle mit 2 Kardangelenken. Von diesen ist aber so gut wie nichts zu sehen, da sie kompakt in einem Bauteil zusammengefasst wurden. Die Welle wurde ganz weggelassen und die beiden Laschen der Kreuzgelenke in einem kurzen Bauteil zusammengefasst. Es hat somit auch im Drehpunkt zwischen den Achschenkelbolzen Platz. Durch kugel- und pfannenfömige Ausformungen wird zudem gewährleistet, dass sich die beiden zusammenliegenden Gelenke den Beugewinkel genau 1:1 teilen. Dem Modellbauer bleibt in diesem Bereich nichts anderes übrig, als 2 einzelne Kardangelenke zusammenzufügen, was aber trotzdem meistens auch ein Platzproblem darstellt. Es gibt eine weitere gangbare Möglichkeit: Kardangelenke selbst bauen, und zwar wesentlich kürzer als die gekauften. Bei diesen wird eine Menge Platz verschenkt. Da stellt sich nämlich die Frage: Wozu müssen die beiden Hälften um 90° knickbar sein? Eine völlig überflüssige Platzverschwendung. Herz
Wer also einen Knicklenker sieht, der "nur" ein Gelenk im Drehpunkt hat, kann sicher sein, dass es sich hier um ein Doppelgelenk handelt.
Abschliessend möchte allen, die sowas in der Praxis noch nie interessiert hat, nahelegen , so weiter zu bauen wie bisher. Schliesslich sind es bestimmt 99% , bei denen das , ich zitiere, "immer funktioniert "hat.

Gruss
Werner winker

der leider keine Bilder hat



Geschrieben von Werner S am 02.12.2007 um 15:34:

 



Gruss
Werner



Geschrieben von makau am 02.12.2007 um 19:39:

 

Hallo David
Vielleicht helfen folgende zwei Bilder noch etwas zur Verdeutlichung von Werner's Ausführungen zum Thema Doppelkreuzgelenk. Auch ich stand vor dem Umstand. dass ich nix pfannenfertiges auf dem Markt finden konnte, ergo hab ich die Sache selbst aus dem Vollen geschnitzt. Bei diesem Gelenk liegt der "Drehpunkt" in der Mitte der mittleren "Lasche":
Gruss,
Martin



Geschrieben von dino am 04.12.2007 um 10:51:

 

Ich erlaube mir, hier diesen Link reinzusetzen!

http://www.kfz-tech.de/Doppelkreuzgelenk.htm



Geschrieben von Werner S am 04.12.2007 um 22:42:

 

Hallo Dino,
habe auf dieser Web-site schon öfters gelesen, vieles ist dort dubios und wirr. Oder ich begreif´s einfach nicht.
Trotzdem vielen Dank, hast´s ja gut gemeint.

Gruss
Werner winker winker



Geschrieben von dino am 05.12.2007 um 01:03:

 

Servus Werner,

ich hab mir den Text garnicht durchgelesen, aber das zweite Bild ist ganz ok. Augen rollen

schöne Grüße
dino



Geschrieben von Werner S am 08.12.2007 um 22:14:

 

Hallo,
es gibt noch ein paar Infos über die Doppelkreuzgelenke:
Wird dieses Bauteil am jeweiligen Ende separat geführt und gelagert, so kann ein DKG ohne Mittenzentrierung verwendet werden . Als Beispiel nenne ich hier das Gelenk im Achschenkel eines Allrad- LKW . Ist das DKG aber in der (gedachten)Lenkachse eines Knicklenkers eingebaut, so befindet sich, von aussen unsichtbar, eine Zentrierkugel mit zugehöriger Kugelpfanne im Innern des Gelenks. Die Fortsetzung des Gelenks kann dann z. B. eine Welle zur Vorderachse sein. Sobald es mir möglich ist werde ich versuchen, bei Uni Cardan Bilder zu bekommen. Einstweilen ein paar Fotos von meinem alten MAN, dort habe ich 2 Kardangelenke von C. einfach mittels Elektrode zusammengepunktet. Heutzutage würde ich da platzsparender vorgehen großes Grinsen

Gruss
Werner fröhlich






Hier ein Foto von meinem alten MAN, der maximale Lenkeinschlag war hier einmal über 45° am kurveninneren Vorderrad. Inzwischen sind die Übertragungsgelenke für die Lenkung ziemlich ausgeleiert, sodass die komplette Radführung mehr als wackelig ist. Es kommt im Geländeeinsatz sogar vor, dass der Reifen am Federpaket streift und blockiert.




Hier gut sichtbar das Doppelkreuzgelenk mit den Schweisspunkten




Geschrieben von TRistan am 08.12.2007 um 23:15:

 

Hallo winker

Schöner beitrag Werner! ist ja dein "Spezigebiet"

Sind deine Kardans im Lkw sehr stark ausgeschlagen nach dieser langen Testzeit Cool ?



Geschrieben von Werner S am 08.12.2007 um 23:35:

 

Tristan, die Kardans sind noch wie neu, nur die Lenkung ist ausgeleiert

Gruss
Werner winker winker



Geschrieben von fido am 11.12.2007 um 19:13:

 

Hallo Werner

Danke für deine Ausführungen und Bilder!
Die Variante mit Mittenzentrierung ist mir noch nicht ganz klar....
Wann wird das benötigt?
Zitat:
Ist das DKG aber in der (gedachten)Lenkachse eines Knicklenkers eingebaut

Übersteigt mein Vorstellungsvermögen... fröhlich bin nicht so der Knicklenkerspezialist.
Sind da die Lager nicht direkt am Gelenk dran? Oder kommt da ein zusätzlich Knickrichtung hinzu, im Gegensatz zur normalen Lenkachse?

Gruss
David



Geschrieben von Werner S am 13.12.2007 um 22:48:

 

Hallo David

Jetzt habe ich mal versucht, mit meinen bescheidenen Mitteln (paint)
ein Gemälde zu zaubern, die deine Frage vielleicht beantwortet. Ausserdem war ich bei der Kardanwellenfirma und habe dort dankenswerter Weise ein paar Fotos machen können.
Die Kreuzbolzen fehlen auf den Fotos, ich wollte meine Schnüffelei im Ersatzteillager nicht übertreiben. Der Zentriermechanismus ist normalerweise von aussen nicht einsehbar.

Gruss

Werner winker















Geschrieben von fido am 14.12.2007 um 17:10:

 

Hallo Werner
vielen Dank für den Unterricht! fröhlich
Jetzt ist alles klar.

Gruss
David


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